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Der Ursprung des menschlichen Unglücks liegt in unserem Denken. Durch Meditation wird das Problem an der Wurzel gepackt

Da unsere Seelen aus Gott selbst hervorgegangen und in seinem Ebenbild erschaffen sind, müssten unsere Seelen dieselbe Seligkeit erfahren wie Gott. Stattdessen sind wir die meiste Zeit unglücklich und leben ständig in Angst, Sorge und Stress. Den Grund für den Verlust der Seligkeit und den ständigen Stress finden wir im ersten Buch der Bibel, der Genesis, auf symbolische Weise erklärt.

In der Genesis heißt es, dass es dem Menschen im Paradies verboten war, vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen. Denn sonst würde er sich auf seine eigene Erkenntnisfähigkeit statt auf die Weisheit Gottes verlassen; er würde die Dinge vergleichen, würde sie als gut oder schlecht beurteilen, Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Und durch dieses Beurteilen und Abwägen würde er sich an die Dinge und die Resultate seines Handelns binden. Bekanntlich aß der Mensch die Frucht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse und seitdem unterscheidet er mit seinem eigenen Denkvermögen zwischen Gut und Schlecht, verwickelt sich in Bindungen und ist unglücklich.

Freude, Bindung und Leid
Dieses Vermögen, zwischen Gut und Schlecht zu unterscheiden, ist der Grund dafür, dass wir Freude und Angenehmes suchen und uns an sie binden. Wenn uns etwas gut bzw. angenehm erscheint, wollen wir es immer wieder haben, und daraus entwickelt sich Gier. Wenn aber etwas unserem Wunsch zuwiderläuft, kommen in uns Ablehnung und Ärger auf. So entstehen aus dem Wissen um Gut oder Schlecht Empfindungen wie Freude, Bindung, Ärger, Gier und Ego. Wenn wir Freude an einer Sache haben und wir mehr davon haben wollen, dies aber versagt wird, sind wir traurig und unglücklich. Oder wir ärgern uns, wenn wir etwas haben wollen und es nicht bekommen können, und der Ärger bringt wiederum Leid mit sich. Dieses Unterscheiden zwischen Gut oder Schlecht war von Anfang an die Ursache für das menschliche Leid.

Wir mögen manchmal einwenden: Warum soll es nachteilig sein, dass wir an etwas hängen oder etwas besonders lieben? Diese Vorlieben und Bindungen bestimmen unser Leben und Handeln in ungeahntem Ausmaß. Nehmen wir zum Beispiel das Habenwollen, die Gier: Auch wenn wir Gier für belanglos halten, schafft sie für uns viel Leid. Ein gieriger Mensch ist niemals zufrieden mit dem, was er hat; er möchte ständig mehr oder etwas anderes haben.

Handeln ohne Bindung
Aufgrund dieser grundlegenden Verfassung sind wir bei allem, was wir in dieser Welt tun, besorgt um das Ergebnis unserer Bemühungen. Von Furcht getrieben setzen wir uns selbst unter Stress, um die anstehenden Arbeiten einwandfrei und kompetent zu verrichten, sehen uns jedoch oft nicht in der Lage, dies so durchzuziehen. Der Pfad der Meditation bietet hierfür den Königsweg zur Befreiung von Furcht und Stress aller Art.

Zunächst brauchen wir ein tieferes Verständnis in Bezug auf unser Handeln. Wir können nicht in dieser Welt leben, ohne zu handeln. Was wir tun, steht uns aber nicht völlig frei, sondern wir müssen es tun, weil unser früheres bindendes Karma es vorschreibt und wir es nicht umgehen können.

Indem wir Meditation praktizieren, lernen wir, unsere Aufmerksamkeit von den Sinnen zurückzuziehen und nach oben auf Gott zu richten. Diesen Gottzugewandten Zustand können wir mit entsprechender Übung auch beim Handeln in dieser Welt aufrechterhalten: Wenn wir beim Handeln unsere Aufmerksamkeit nach oben auf Gott gerichtet halten, handeln wir, ohne um ein bestimmtes Ergebnis zu hoffen und zu bangen; so sind wir weder glücklich noch unglücklich über den Ausgang der Dinge. Wenn wir auf diese Weise unsere Arbeit in dieser Welt tun, werden wir weder Freude noch Bindung oder Ego bzw. Stolz empfinden.

Göttliche Inspiration
Doch es bleibt noch ein Problem, nämlich wenn wir nicht über das rechte Wissen verfügen, um die Dinge auf angemessene Weise zu erledigen. Auch hierfür liefert die Meditationspraxis die Lösung: In der Meditation wird Gott uns das nötige Wissen zukommen lassen. So wies Jesus seine Schüler an: „Wenn sie euch ausliefern, so sorgt euch nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es wird euch in jener Stunde eingegeben werden, was ihr reden sollt.“ (Matth. 10,19). Das heißt also, dass wir genau im rechten Augenblick, wenn wir die rechten Worte oder eine Entscheidung brauchen, diese Eingebung empfangen, wenn wir uns die Meditationspraxis angeeignet haben.

Warum sollten wir göttliche Weisheit nur dann empfangen können, wenn wir Meditation üben? Im Prinzip haben wir bereits Zugang zur göttlichen Weisheit, wir tragen sie in uns, aber ohne Meditationspraxis können wir das erstens nicht verstehen und zweitens nicht erkennen, welche Inspiration von Gott stammt – und nicht aus unserem eigenen Denken.

Göttliche Inspiration ist ein vielschichtiges Phänomen. Wenn wir Meditation üben, offenbart sich Gott der Seele zunächst in Form von Licht; doch diese Lichtoffenbarungen vermitteln uns noch kein klares Verständnis von Gottes Willen. Wenn wir aber weiter fortschreiten und göttliche Offenbarungen in Form von Klang empfangen, können wir Gottes Weisheit schon klarer verstehen. Wenn wir jedoch darüber hinaus fortschreiten und die Stufe des „soma“ erreichen, auf der wir unaufhörlich göttliche Offenbarungen empfangen, können wir nicht anders als die göttliche Weisheit anzunehmen, d.h. wir stehen unter deren Kontrolle. Deshalb wird Yoga oder die Rückverbindung mit Gott als „Vervollkommnung in Wissen und Wandel“ bezeichnet. Denn zum einen empfangen wir Gottes Weisheit, zum anderen wird so über uns gewacht, dass wir in all unserem Tun nicht von dieser Weisheit abweichen können.

Situationsgerechte Wegweisung
Das mag einen überraschen: Wie kann es sein, dass göttliche Offenbarungen in Form von Klang, die wir in der Seele und nicht mit den Ohren erfahren, uns so unter Kontrolle halten, dass wir nichts Falsches machen können? Es gibt einige sehr intensive innere Klänge, die sich z.B. wie Donner oder ein Trommelschlag anhören und in ihrer Wirkung auf die Seele so stark sind, dass wir in dem Moment völlig kraftlos sind und so davor bewahrt werden, den falschen Weg einzuschlagen. Dann gibt es göttliche Klänge, die angenehm und lieblich sind, wie das Wasserrauschen oder der Klang des säuselnden Windes; diese inspirieren uns, das Richtige zu tun bzw. auf dem richtigen Weg zu bleiben. Dann gibt es die Offenbarung der Rede oder der Stimme Gottes, die uns mit der Erkenntnis segnet, dass alles, was uns widerfahren mag, aufgrund unserer vergangenen Karmas geschieht, und so können wir die Geschehnisse leicht annehmen.

Die verschiedenen göttlichen Offenbarungen, die wir in der Meditation empfangen, haben also eine breite Palette von Wirkungen auf die Seele: Indem sie unsere Aufmerksamkeit oberhalb der Sinne festhalten, binden wir uns nicht an das Ergebnis unseres Handelns. Sie führen uns immer weiter voran auf dem Weg zu Gott. Sie wachen über uns, damit wir nicht in die falsche Richtung gehen. Sie vermitteln uns rechtes Wissen, so dass wir die Rückwirkungen unserer früheren Karmas annehmen können. So werden wir von Bindung, Freude, Ärger, Gier und Ego frei, können uns Gott überantworten und seinen Willen leicht annehmen. Und da uns die richtige Entscheidung zur rechten Zeit eingegeben wird, stehen wir nicht mit Überlegungen, was wir tun sollen und was das Richtige ist, unter Stress.

Keine Angst vor dem Sterben
Unsere Furcht bezieht sich aber nicht nur auf die Ergebnisse unseres Handelns, sondern wir haben auch Angst vor dem Tod. Bei der Meditation üben wir jedoch genau denselben Vorgang ein, dem wir beim Tod unterworfen sind: Die Kräfte der Seele werden vorübergehend vom Körper abgezogen und zu Gott emporgehoben. Jesus Christus sprach von diesem Aufstieg der Seele ins „Königreich Gottes“, als er Nikodemus in der nächtlichen Unterweisung dazu aufforderte, „von neuem geboren zu sein“ (vgl. Joh. 3,3ff.). Dieser Vorgang bei der Meditation ist identisch mit der Erfahrung, die wir zum Zeitpunkt des Todes machen. Indem wir also diese Erfahrung willentlich herbeiführen und einüben, verlieren wir die Angst vor dem Tod.

Das Wichtigste dabei ist, dass die Seele in der Todesstunde von göttlichen Licht- und Klangoffenbarungen emporgezogen wird, so dass der Loslösungsprozess vom Körper für sie ein Leichtes ist.

Entspannung pur
Bei alledem ist es wichtig zu verstehen, dass Furcht und Stress unserem Denken entspringen. Die Gedanken werden jedoch bei der Meditation vollständig angehalten, so dass wir im Zustand der Meditation unter keinerlei Angst und Stress mehr leiden. Dies ergibt sich nicht allein aus der Initiation, der Einführung in die Meditation, sondern bedarf regelmäßiger Übung und eigener Erfahrung. Die Initiation ist nur der Anfang des Pfades.

Echte Meditation hat eine zutiefst entspannende Wirkung, eben weil das Denken für diese Zeitspanne abgestellt ist. Das kann mitunter dazu führen, dass wir dabei einschlafen. Deshalb muss man, wenn man Meditation üben will, gleichzeitig die geladenen Worte, durch die das Denken beruhigt wird, wiederholen und die Aufmerksamkeit an der Stirn sammeln; denn wenn wir letzteres nicht tun, führt die Wiederholung der geladenen Worte zu Schläfrigkeit.

Der Hauptgrund, warum wir Meditation üben, liegt aber darin, dass wir im Innern mit Gott verbunden sind, und diese Verbindung erfüllt uns mit Glück und Seligkeit in allen Lebenslagen. Wenn wir in unserem Innern diese ureigene Seligkeit erfahren, sind wir gegen Stress und all dieses Leid immun, von innen kommt Stärke, und es wird uns nichts mehr ausmachen, wie schwierig die Lebensumstände auch sein mögen.

Soami Divyanand (1932-2014), Meister des Surat-Shabd-Yoga, lehrte mehr als 35 Jahre lang den Pfad des inneren Lichtes und Klangs. Veden-Übersetzer und Autor zahlreicher Bücher.

 

BUCHTIPP
Soami Divyanand: Die Botschaft vom Schlachtfeld (Sandila)

Soami Divyanand

Foto(s): Thinkstock

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