Unsere frühesten Erfahrungen sind zum Großteil Berührungs-Erfahrungen. Mehr als uns bewusst ist, sind wir berührungs-geprägte Wesen.
Das Wunder der Entstehung und Entwicklung eines Menschen lässt uns immer noch staunen und die unglaubliche Komplexität nur ansatzweise erahnen. Die prä- und perinatale Psychologie und die Bindungsforschung bestätigen das Zitat von R.D. Laing „Ich nehme meine Umgebung von Beginn des Lebens an wahr, mit der ersten meiner Zellen. Was den ersten ein oder zwei meiner Zellen widerfährt, vibriert durch alle nachfolgenden Zellgenerationen“, welches auf ein Zellbewusstsein hinweist, das schon ganz früh die Fähigkeit zu besitzen scheint, Erfahrungen zu speichern und als Gedächtnisspuren ein Leben lang in sich zu bewahren. Die Erfahrungen dieses frühen Lebens wirken in den tiefsten unbewussten Schichten unseres Körpers nach und stellen das Fundament für die Entwicklung unserer Persönlichkeit dar. Somit sind die frühesten Erfahrungen die prägendsten.
Das Wunder der Berührung
Dabei spielt die Haut, unser größtes Sinnesorgan die entscheidende Rolle. Als hochsensibles Empfangssystem Berührungsreize ist die Haut für die körperliche und seelische Entwicklung maßgeblich verantwortlich. Haut und das Gehirn entstammen in ihrer embryonalen Entwicklung aus demselben Keimblatt. Haut als „Verlängerung des Gehirns“ bezeichnet werden. Neben dem Gehör ist die ersten Lebensphase von allen Sinnesorganen das am besten ausgereifte Organ. Sie reagiert schon ab der siebten Schwangerschaftswoche auf Berührungsreize. Das Gehirn braucht nun für seine volle Entwicklung Sinnesreize, die es in dieser ersten Lebensphase fast ausschließlich über die Haut bekommt. Je mehr wir, speziell in der ersten Lebensphase, liebevoll berührt werden, desto harmonischer entwickeln wir uns, desto mehr bekommen wir ein Gefühl und ein Bewusstsein für uns selbst, also mehr Selbstbewusstsein und Selbstbezug als Voraussetzung für die Entwicklung von allen höheren Qualitäten des Menschseins, wie z.B. Empathie, Achtsamkeit und Spiritualität.
Einfühlende Berührung ist somit in dieser Phase das wesentlichste und stärkste Medium, um eine sichere Bindung zwischen dem Kleinkind und der Bezugsperson aufzubauen.
Andreas Stötter