Magazin Visionen - Einfach. Besser. Leben.

Jeder von uns setzt auf der Bühne dieser Welt sein individuelles Schicksal um. Die spirituelle Aufgabe besteht darin, mit dem Karma aus der Vergangenheit fertigzuwerden, ohne neues Karma zu verursachen.

Spiritualität, so heißt es, wird eingefangen, und nicht einstudiert. Spiritualität können wir nicht mit unserer Intelligenz erlernen. Sie fliegt uns gewissermaßen zu, ohne unser Dazutun. Wie geschieht dies? Welche Faktoren helfen uns dabei, Spiritualität aufzuschnappen?
Wenn man zwei entgegengesetzte Kräfte hat, wie zum Beispiel in der Elektrizität, nennt man die eine Kraft positiv und die andere negativ. In der Spiritualität bezeichnet man jene Kraft als positiv, die uns in Richtung Gott zieht und ein wachsendes Verlangen nach Gott in uns weckt. Diese positive Kraft ist die Kraft der Tugenden und spirituellen Verdienste. Die negative Kraft wirkt entgegengesetzt und hält uns von Gott fern, und darunter fällt alles, was generell als Verfehlung  und Sünde bezeichnet wird. Hinsichtlich unserer Aufnahmefähigkeit für Spiritualität und unserer Bereitschaft, dem spirituellen Pfad zu Gott zu  folgen, ist die eine der beiden Kräfte förderlich für die spirituelle Suche und bringt uns Gott näher, wohingegen die andere Kraft die Gottsuche behindert und die spirituelle Entfaltung erschwert.

Positive & negative Faktoren

Welche Faktoren sind nun günstig für unsere spirituelle Suche? Die positiven Faktoren liegen  in dem spirituellen Hintergrund, den wir selbst mit unseren Handlungen (Karmas) in diesem und in vergangenen Leben erschaffen haben: die Sehnsucht  nach Gott, der Wunsch nach religiöser Praxis, die Suche nach einem kompetenten spirituellen Meister, die Initiation und die regelmäßige Übung der Meditation und vieles andere, das unser Verlangen nach dem spirituellen Ziel in Gott nährt.

Sofern wir diese positiven Faktoren in uns angelegt haben,  brauchen wir uns keine Sorgen um unsere spirituelle Suche zu machen, denn der spirituelle Meister wird uns von selbst begegnen und uns als Schüler annehmen, ganz unabhängig davon, ob wir es ausdrücklich wünschen oder nicht. Wenn wir die Initiation in die Meditation aufrichtig wollen, findet uns der dafür kompetente Meister und erteilt sie uns. Wenn wir eine Neigung zur Spiritualität haben, werden wir in eine Familie hinein geboren, die für Spiritualität aufgeschlossen ist, so dass wir unsere spirituelle Neigung vertiefen können.
Aber welches sind die negativen Faktoren, die uns von der spirituellen Suche  abhalten? Auch hier sind wir geprägt von der Gesamtheit unserer früheren Handlungen und Erfahrungen, die alle in unserer Seele registriert und gespeichert  sind und sich auf unser gegenwärtiges Denken und Handeln auswirken. Wenn man aufgrund seines karmischen Hintergrunds ein starkes Verlangen danach hat, das Leben in dieser Welt in vollen Zügen zu genießen, und an den Menschen und Dingen in dieser Welt hängt, wirkt sich dies eher hinderlich für die  spirituelle Suche aus.

Haben wir eine Wahl?

Nun stellt sich die Frage, ob wir den Einfluss, den frühere Handlungen auf unser heutiges Denken und Handeln haben, irgendwie ändern können und ob wir die Freiheit haben, neue Wege einzuschlagen. Inwiefern sind wir in der Lage, unser heutiges Handeln trotz  karmischer Festlegung zu wählen? Angenommen, wir wären in unserem jetzigen Handeln zu hundert Prozent durch unsere Handlungen in der Vergangenheit  festgelegt, so folgt daraus, dass wir heute keine Wahl oder Handlungsfreiheit hätten. Und das würde bedeuten: Ein schlechter Mensch muss ein schlechter Mensch bleiben und kann nichts daran ändern, es wäre  gottgegeben. Dies könnte dann zur Entschuldigung für alles Schlechte, was wir tun, angeführt werden: „Oh, das war die Auswirkung meines schlechten Karmas! Ich konnte nicht anders, ich musste das tun. Wenn du dich beschweren oder mich kritisieren willst, wende dich an Gott, es ist seine Schuld, ich bin für keine  dieser Handlungen verantwortlich.“ Aber angenommen, wir verfügen doch über eine gewisse Entscheidungsfreiheit, dann kann uns jemand zu Recht fragen:  „Warum hast du diese Freiheit nicht genutzt, um dich für diesen oder jenen Weg zu entscheiden?“

Mehr Salz oder mehr Zucker?

Fest steht: Wir haben keinerlei Möglichkeit, uns vor den Rückwirkungen unserer früheren Karmas zu retten. Früher oder später werden wir ernten, was wir  einmal ausgesät haben. Unsere eigenen Karmas aus früheren Leben sind die Schicksalsmacht, die unseren gegenwärtigen Lebensweg vorgibt, und dem können  wir uns nicht entziehen.
Durch die Schicksals-Karmas sind nicht nur die großen und kleinen Ereignisse in unserem aktuellen Leben vorgegeben, sondern auch  die Lebensumstände und finanziellen Ressourcen, die gesundheitliche Konstitution und unser Platz in der Gesellschaft. Ein sehr gewichtiger Einflussfaktor also.  Und doch hat jeder Mensch eine gewisse Freiheit, zu wählen, wie er mit seinem „karmischen Erbe“ umgeht. Mit einem einfachen Bild können wir dies erklären:  Wir wollen ein Glas Wasser trinken, haben aber etwas Salz hineingeschüttet. Da sich das Salz im Wasser aufgelöst hat, können wir es nicht wieder  herausnehmen. Aber wir haben verschiedene Möglichkeiten, mit dem Salzwasser vorzugehen: Wir können noch mehr Salz hinzufügen, so dass das Wasser noch scheußlicher wird. Oder wir können etwas reines Wasser dazu schütten, so dass es weniger salzig schmeckt. Oder wir fügen dem Salzwasser etwas Zucker  hinzu, so dass es milder schmeckt. Auf gleiche Weise haben wir in diesem Leben neben dem unabänderlichen Schicksal (dem Grundgehalt an Salz) eine gewisse Freiheit, unser Handeln  in diesem Leben zu wählen und zu gestalten (mit Zucker oder Salz). Wir sind also nicht gänzlich von unseren früheren Handlungen festgelegt.
Als  Menschen werden wir wiedergeboren, wenn die guten und schlechten Handlungen aus früheren Leben sich in etwa die Waage halten. Niemand tritt nur mit gutem oder nur mit schlechtem Karma in dieses Leben ein. Unser gegenwärtiges Leben enthält eine Mischung von Rückwirkungen aus unseren früheren Handlungen, die zum Teil negativ und zum Teil positiv sind. Es liegt nun an uns, unser Unterscheidungsvermögen zu gebrauchen und uns beim Umgang mit  dieser karmischen Erblast eher von den Neigungen in die positive, spirituelle Richtung leiten zu lassen, so dass diese zunehmen, statt den negativen Neigungen nachzugehen.

Die Freiheit nutzen

Hier zeigt sich, dass wir verschiedene Möglichkeiten haben, unsere Handlungsfreiheit zu nutzen. Die erste: Wir nutzen sie gar  nicht, d. h. wir treffen keine bewusste Entscheidung zwischen positiv und negativ, sondern lassen uns von unseren karmischen Altlasten treiben. Aber damit werden wir in unserem Handeln zu 100 Prozent von den Rückwirkungen der Vergangenheit bestimmt und versäumen die Chancen für eine neue, positive  Entwicklung. Die zweite Möglichkeit: Wir setzen unsere Vernunft und Intelligenz ein, um nach „bestem Wissen und Gewissen“ das Beste in der Situation zu tun. Damit ergreifen wir die Chance, unser Leben neu zu gestalten, und erschaffen die Grundlagen für eine positive Entwicklung. Ein dritter Weg, die Handlungsfreiheit zu nutzen, ergibt  sich für jene Menschen, die Meditation praktizieren und in der Meditation Zugang zu Gott haben. In der Meditation gibt sich Gott der Seele in verschiedenen Formen zu erkennen und teilt der Seele von seiner Weisheit mit. Wer diesen Zugang zum „göttlichen Ratgeber“ hat, kann die göttlichen Impulse, die er in der  Meditation erhält, in sein Handeln einbeziehen und sich in seinen täglichen Entscheidungen von ihnen leiten lassen. Wir teilen unsere Handlungsfreiheit also mit  Gott, und Gott füllt einen Teil unseres Freiraums mit seinen Mitteilungen aus. Aber wir behalten immer noch einen Teil unserer Handlungsfreiheit. 

Karma-Management mit Gott

Um unsere karmischen Erblasten optimal abzuwickeln, so dass keine Reste bleiben und keine neuen karmischen Lasten  entstehen, erhalten wir spirituellen Beistand in der Meditation. Gott inspiriert uns durch seine Offenbarungen und Eingebungen zu einer bestimmten Vorgehens- oder Sichtweise.
Auch hier gibt  es unterschiedliche Arten, damit umzugehen: Erstens, wir verstehen Gottes Eingebung gar nicht. Hier sollte man sich an einen kompetenten spirituellen Lehrer wenden und ihn um Erklärung bitten. Andernfalls bleibt nichts anderes übrig, als nach den Vorgaben der eigenen Vernunft und des Gewissens zu handeln.  Zweitens, wir verstehen Gottes Eingebung falsch, täuschen uns und tun im Namen Gottes Dinge, die gegen die göttlichen Gebote der Liebe, Gewaltlosigkeit und Wahrhaftigkeit verstoßen. Das ist eindeutig ein Fehler mit karmischen Konsequenzen.
Drittens, wir nehmen Gottes Eingebung deutlich wahr, wissen eindeutig, was zu tun ist, und handeln auch korrekt entsprechend dem Rat Gottes. Viertens, wir nehmen den göttlichen Impuls deutlich  wahr und verstehen ihn, aber wir entscheiden und handeln dagegen. In diesem Fall wird unser Denken und Handeln gänzlich von früheren Karmas bestimmt. Und: Indem wir uns bewusst gegen den Rat Gottes stellen, obwohl wir ihn als richtig erkannt haben, sabotieren wir unsere spirituelle Entwicklung.
Mit  fortgesetzter Meditationspraxis ändert sich die Art und Weise, wie Gott sich der Seele offenbart. Zuerst zeigt er sich der Seele in verschiedenen Licht-Formen,  dann in Form von überirdischen Klängen, und dann in den sogenannten „Zwillings-Formen“, bei denen göttliches Licht und göttlicher Klang zusammenwirken Sanskrit: soma). Im Vergleich zu den elementaren Offenbarungsformen Gottes haben die „reifen“ Formen eine stärkere kontrollierende Wirkung und sorgen selbst dafür, dass wir die göttlichen Eingebungen richtig befolgen. Nach und nach werden wir in unserem Denken und Handeln nicht mehr von der Übermacht  der karmischen Rückwirkungen bestimmt, sondern zunehmend von der Weisheit Gottes. Durch diese Zusammenarbeit mit Gott wird es uns gelingen, unser Schicksals-Karma ohne unnötige Komplikationen abzuwickeln. Und davon wird unsere spirituelle Entwicklung nur profitieren.

Soami Divyanand

Foto(s): Thinkstock

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