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Toedeserfahrung auf dem inneren Weg. Ein Interview mit OM C. Parkin

Frage: Warum ist es aus deiner Sicht wesentlich, dass sich Menschen mit dem Thema „Todeserfahrung auf dem inneren Weg“ befassen?

OM: Dass es wesentlich ist, sich auf dem inneren Weg mit der Todeserfahrung zu befassen, ist nicht meine persönliche Ansicht, die in dieser Lebensspanne erworben wurde, sondern es ist eine Sicht von Meistern aller Zeiten. Dadurch, dass sie selbst den Befreiungsweg gegangen sind, sind sie zu einer zentralen Anweisung gelangt, die sie an ihre Schüler weitergegeben haben, nämlich: „Stirb, bevor du stirbst.“ Ich würde sagen, dass dies die zentrale Anweisung des inneren Weges darstellt, und sie ist in allen spirituellen Kulturen dieselbe, auch wenn sie vielleicht in etwas anderen Worten wiedergegeben wird.

Wie ist der Begriff „innere Todeserfahrung“ zu verstehen?

OM: Um uns dem anzunähern, was unter innerer Todeserfahrung eigentlich zu verstehen ist, muss vielleicht erst einmal diese innere Schwere abgestreift werden, die sofort über mich kommt, wenn ich überhaupt von einer inneren Todeserfahrung höre. Diese Schwere, die verschleiernd wirkt, entspringt einer alten Todestrauer, die letztlich dem Überlebensdrang des Ichs entspringt. Der innere Weg versteht den Tod niemals ohne Auferstehung, ohne Neugeburt, ohne Wandlung, so dass der Tod ein Ende, tatsächlich auch ein Ende, markiert – das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, dass der Tod eben ein Ende und einen Neuanfang beschreibt, eigentlich einen Transformationsprozess in der geistig-emotionalen Welt eines Menschen, und dieser Transformationsprozess wird sich auf alle Körper des Menschen auswirken und auch seine Persönlichkeit stark verändern.

Der Tod beschreibt aus der Sicht der Weisheitslehre nicht mehr den Tod des Körpers, das ist die untere Oktave des Todes, sondern den Tod des Geistes, das ist die höhere Oktave, in der dieses Prinzip in Wirkung tritt. Wenn wir vom Tod des denkenden Geistes des Menschen sprechen, der seine zentrale persönliche Identifikation ist, dann ist es nicht mehr der Tod der Existenz dieses Menschen, sondern eigentlich der Tod des Leidens dieses Menschen. Das gibt dem Ganzen einen anderen Geschmack, doch zu diesem Geschmack muss ein gewöhnlicher Mensch vorstoßen und, wie ich bereits sagte, der erste Geschmack des Todes ist immer ein Geschmack der Schwere, der Schwermut und möglicherweise sogar der Depression.

Welche Unterschiede würdest du zwischen der inneren Todeserfahrung und dem physischen Sterben machen?

OM:  Das physische Sterben beschreibt das, was ich die untere Oktave des Todes nenne. Das ist jener Ort, an dem jeder gewöhnliche Mensch Bekanntschaft mit der Kraft des Todes macht. Die innere Todeserfahrung des Weges jedoch beschreibt die Begegnung in der höheren Oktave des Todes, eine freiwillige Begegnung, die ein Mensch des inneren Weges aufsucht, der nach Befreiung der Seele sucht. Wir müssen dem Tod in der höheren Oktave begegnen, wenn wir Erkenntnis davon erlangen wollen, wer oder was dieser Tod wirklich ist.

Du sprichst von dem physischen Tod als der unteren Oktave. Es gibt ein Buch von Osho: „Tod, der Höhepunkt des Lebens“. Zitat aus dem Buch: „Im Tod wird das ganze Leben zusammengefasst. Das Leben ist eine Pilgerreise zum Tod. Wenn du richtig gelebt hast, wenn du von Moment zu Moment in Totalität gelebt hast, wird dein Tod dein letztendlicher Orgasmus sein.“ Siehst du das auch so?

OM:  Diese Aussage kann man auf verschiedenen Ebenen verstehen. Das totale Leben ist in Wirklichkeit keine Spanne eines körperlichen Lebens, sondern nur ein einziger Augenblick Wenn er in dieser Aussage von einer Verdichtung spricht, dann kann ich sagen, ein einziger Augenblick ist die Verdichtung eines ganzen Lebens und in diesem einen Augenblick verdichtet sich nicht nur die Kraft des Lebens, sondern eben auch die Kraft des Todes. In Wahrheit geht es nur um diesen einen einzigen Augenblick.

Wenn wir den Tod als Höhepunkt einer körperlichen Lebensspanne verstehen, dann haben wir noch nicht wirklich die Essenz des Todes begriffen, denn dann werden wir immer noch den Tod in eine Zukunft projizieren und in irgendeiner Form das körperliche Leben als eine Vorbereitung auf diesen finalen Orgasmus annehmen. Das ist noch nicht das wahre Verstehen, das advaitische Verstehen, das den Tod eben nicht mehr durch die Zeit in die Zukunft projiziert. Jede Form der Vorbereitung auf einen körperlichen Tod in der Zukunft ist eigentlich nichts anderes als eine Ablenkung von der Begegnung mit dem Tod jetzt. Für einen Wissenden ist deshalb der körperliche Tod eher unbedeutend. Es ist ein Vorgang, der gleichbedeutend ist mit einer Unzahl von Vorgängen in der Sinneswelt, und ich könnte sagen, es gibt keinen essentiellen Unterschied zwischen dem Sterben dieses Körpers und dem Trinken einer Tasse Tee.

Das wesentliche Erkennen geschieht in der höheren Oktave, dabei sind die Menschen fixiert, gebannt von der niederen Oktave, was ja nur darauf hindeutet, wie stark ihre Verhaftung und Fixierung auf den physischen Körper sind. Sie glauben, dort spielt das wahre Leben und auch der wahre Tod, und das ist eben leider ein Irrtum. Wir müssen aufsteigen in die höhere Oktave und dieser Aufstieg bezieht sich nicht auf den Tod, sondern dieser Aufstieg ist eine grundlegende Anweisung des inneren Weges. Für diesen Aufstieg verwende ich den Begriff der Geistigung im Unterschied zur Vergeistigung, die sich vom Körper abgespalten hat.

Du hast einmal in einem Darshan gesagt: Die wahre Liebe ist der Tod!

OM: Die Aussage, dass die wahre Liebe der Tod ist, bedeutet erstens, dass die wahre Liebe nur erkannt werden kann von demjenigen, der die Schwelle des Todes überschreitet, und zweitens bedeutet diese Aussage, dass der Tod und die wahre Liebe eins sind und nicht getrennt voneinander.

OM C. Parkin lehrt in der Tradition von Ramana Maharshi konfessionsübergreifend den Zugang zur großen Stille und verkörpert die Verbindung von östlicher Nicht-Zweiheitslehre und christlicher Mystik. Gründer und  spiritueller Leiter des modernen Klosters Gut Saunstorf – Ort der Stille.
www.om-c-parkin.de

KONFERENZ
Todeserfahrung auf dem inneren Weg – Spirituelle Dimension des Todes
Datum: Freitag 22. – Sonntag 24.03.2019
Referenten: Pim van Lommel, Sabine Mehne, Peter H. Cunz, Lisa Cairns, OM C. Parkin
Ort: D-23996 Saunstorf
Gut Saunstorf – Ort der Stille - Das moderne Kloster
Info: +49 (0) 38424 - 22 98 90
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www.kloster-saunstorf.de
Anmeldung: T +49 (0) 38424 - 20 30 60
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Foto(s): gettyimages

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