Kinder brauchen Wurzeln und Flügel, sagt ein altes, in vielen Kulturen bekanntes Sprichwort. Zu einer Zeit, wo Kinder noch mit Zuckerbrot und Peitsche erzogen wurden, hat Goethe es uns ins Stammbuch geschrieben:
Zwei Dinge sollten Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.
Wurzeln und Flügel wachsen gleichzeitig
Das erleben wir täglich im Kinderhaus. Ein Kind, das sich geborgen und beschützt fühlt, schwebt leichter durch die Räume als ein Kind, dessen Bindungen unsicher sind. Jedes Kind hat seine eigene Art, Wurzeln zu schlagen, sich zu erden, sich zu binden. Und seine eigene Art, die Arme auszubreiten, die Welt zu erkunden.
Die meisten Kinder, die mit ein oder zwei Jahren zu uns kommen, erleben in ihren Familien verlässliche Bindungen. Ist ihr Zuhause aber von Flucht geprägt, von Armut, Gewalt, Alkoholsucht oder Depression, brauchen sie zuallererst Halt. Hat ein Kind viel Zeit in Krankenhäusern zugebracht, braucht es eine Umgebung, die es angstfrei erleben kann.
Christian Stahlhut