Magazin Visionen - Einfach. Besser. Leben.

Denken, Sprechen und Handeln sind zentrale Bestandteile unseres Lebens in dieser Welt. Wie können wir aber handeln, ohne uns dadurch karmisch zu verstricken?

Der Sinn und Zweck des menschlichen Lebens in dieser Welt ist es bekanntlich, die Einheit mit Gott wieder zu erlangen. Unsere Seele ist von ihrem Ursprung her ein Teil von dem einen allumfassenden und allbewussten göttlichen Schöpfer, und deshalb findet sie weder Glück noch Frieden, bis sie wieder mit Ihm vereint ist. Solange sie in dieser Welt von Gott getrennt lebt, ist sie unglücklich und unzufrieden, auch wenn sie noch so viel weltlichen Erfolg und Glanz erlebt. In diesem Sinn sagte Jesus Christus: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, sich selbst aber verliert und Schaden nimmt an seiner Seele?“ (vgl. Luk. 9,25). Spätestens in der Todesstunde wird jeder feststellen, dass er seine angesammelten Besitztümer wieder abgeben und ohne sie weitergehen muss. Wenn wir nur für unser körperliches und materielles Wohlergehen sorgen und unsere Seele verkümmern lassen, hat unser Leben daher seinen Sinn verfehlt.

Aber damit wir uns um die Belange unserer Seele kümmern können, müssen wir zuerst erkennen, wer oder was wir selbst in unserer Seele sind. Selbsterkenntnis ist durch Meditation möglich, indem wir unsere Aufmerksamkeit vorübergehend von den Dingen der Sinneswelt abziehen und nach innen in das Bewusstsein selbst zurückziehen. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Gotterkenntnis. Erst wenn wir auf diesem spirituellen Pfad die Einheit mit Gott wieder erlangt haben, hört für uns der Kreislauf der Wiedergeburten auf und wir finden Frieden und Glück in Gott.

Eine Entscheidung fürs Glück

Bei der Überlegung, wie wir leben wollen und auf welches Ziel wir unser Leben ausrichten wollen, stehen uns also zwei Optionen zur Verfügung. Wenn wir die Alternative wählen, bei der wir vor allem auf das langfristige Wohl unserer Seele achten und materielle Ziele hintenanstellen, gewinnen wir nicht nur Gott, sondern obendrein ein sorgenfreies Leben voller Glück, Gelassenheit und Seelenfrieden noch in dieser Welt. Außerdem erhalten wir durch die Wiedervereinigung mit Gott die ultimative Freiheit, weil wir uns nie mehr wiederverkörpern müssen.

Nun wünscht sich natürlich jeder Mensch ein glückliches und sorgenfreies Leben. Tatsächlich können wir auch durch weltliche Freuden Glück erfahren, aber immer nur für ziemlich kurze Zeit. Wenn wir dauerhaft glücklich leben wollen, müssen wir uns für den Weg entscheiden, der uns zu Gott bringt. Von diesem Moment an sollten wir unser Leben spirituell ausrichten, indem wir aufhören, uns an materialistischen Lebenszielen zu orientieren und uns in weltliche Aktivitäten verwickeln zu lassen.

Die Entscheidung für den spirituellen Pfad beginnt mit der Frage: „Wozu bin ich überhaupt auf der Welt?“ Manche Menschen meinen, sie hätten hier überhaupt nichts verloren, weil sie sich ungern mit materiellen Dingen befassen. Das kann mitunter so weit gehen, dass sie am liebsten sterben würden. Diese depressiven Anwandlungen kommen daher, dass sie ohne die Aussicht, wenigstens auf der materiellen Ebene etwas erreichen zu können, im Leben keinen Sinn finden. Und das nimmt ihnen jede Motivation, in der Welt aktiv zu werden. Eine solche Einstellung ist aber nicht hilfreich. Mitten im Gefecht einfach die Flinte ins Korn zu werfen und sich aus der Welt zu verabschieden, ist keine Lösung.

Auch der Rückzug aus dem Weltgetriebe, bei dem man allem aus dem Wege geht, womit man nichts zu tun haben will, ist nicht der richtige Weg. Denn wir nehmen unser Gemüt mit, egal wohin wir gehen. Und es liegt in der Natur des menschlichen Gemüts, sich in der Welt umzuschauen  und Bindungen an Menschen und Dinge einzugehen.

Umlenken statt bekämpfen

Um auf dem spirituellen Pfad zu Gott voranzukommen, müssen wir uns also mit unserem Gemüt befassen – mit unserem Denken, Fühlen und Wahrnehmen. Das denkende Gemüt ist so schnell, stark und mächtig, dass es nicht unter Kontrolle zu bringen ist. Dennoch gibt es einen Weg, das Gemüt zu zähmen. Denn es hat auch eine sehr gute Eigenschaft: Es kann sich nämlich nur mit einer Sache auf einmal befassen. Solange  es sich mit materiellen Dingen abgibt, hat es keinen Sinn für Spirituelles. Und wenn sein Interesse auf spirituelle Dinge gerichtet ist, hat kein materialistischer Gedanke darin Platz.

Der beste Weg, das Gemüt von seinen weltlich gerichteten Bestrebungen abzuziehen, besteht deshalb darin, seinen weltlichen Gedankenfluss zu stoppen und dann in spirituelle Bahnen zu lenken.

Achtung, Karma-Falle!

Manch einer wird sich jetzt skeptisch fragen: „Wozu erst alles Mögliche mit dem Gemüt anstellen? Wäre es nicht einfacher, sich gleich aus allen weltlichen Angelegenheiten herauszuhalten?“ Aber das liegt gar nicht in unserer Macht. Wir sind aufgrund unserer Handlungen (Karmas) in früheren Lebensläufen in diese Welt gekommen. Denn jede einzelne unserer Handlungen hinterlässt  Spuren nicht nur in der Welt, sondern auch in unserer Seele und muss ausgeglichen werden. Alles, was uns hier erwartet, ob angenehm oder leidvoll, ist durch sie bereits festgelegt. An dieser Vorherbestimmung ist nichts mehr zu ändern. Wir können den vorhandenen Karmas höchstens weitere hinzufügen. Aus dieser Zwangslage kommen wir nicht heraus, bis all unsere karmischen Schulden restlos getilgt sind.

Damit wir unsere karmischen Altlasten loswerden, muss also jede einzelne unserer früheren Handlungen ausgeglichen werden, auch wenn sie noch so geringfügig ist und Tausende von Geburten zurückliegt. Dies ist die eine Seite der karmischen Medaille. Die andere besteht darin, dass kein Augenblick unseres Lebens vergeht, ohne dass wir durch unser Denken und Handeln neue karmische Spuren legen, wodurch unser „Karma-Konto“ unaufhaltsam weiter anwächst. Um aus dieser „Karma-Falle“ herauszukommen, müssen wir es deshalb so einrichten, dass wir keine neuen Karmas mehr ansammeln, während wir gleichzeitig die alten abbauen.

Ohne Eigeninteresse handeln

Einerseits sind wir mit der Aufgabe geboren worden, eine bestimmte Auswahl von früheren Karmas im gegenwärtigen Lebenslauf auszugleichen, und andererseits müssen wir uns davor hüten, dabei neue karmische Schulden anzusammeln. Wie soll das klappen? Wie können wir es vermeiden, dass unser Handeln bindende Spuren in unserem Bewusstsein zurücklässt?

Dazu gibt es ein ganz einfaches Mittel: Wir dürfen unseren Handlungen kein ichbezogenes Interesse schenken. Damit ist nicht gemeint, dass wir nicht mehr darauf achten sollen, was wir tun, sondern dass wir keine persönlichen Wünsche, Erwartungen oder Absichten daran knüpfen. Wir erledigen die anstehende Aufgabe so, wie die jeweilige Situation es erfordert, und überlassen alles Weitere der göttlichen Fügung. Ob es für uns günstig ausfällt oder nicht, ist uns einerlei. Wir handeln zwar, aber ohne Eigeninteresse, und so hinterlässt die Handlung keine karmisch bindenden Eindrücke in unserer Seele. Es ist wie bei der Lotospflanze: Obwohl sie in schlammigem Wasser lebt, nimmt sie den Schmutz aus
ihrer Umgebung nicht an, das Wasser perlt einfach von ihren Blüten und Blättern ab.

Eine Frage der Aufmerksamkeit

Wie können wir handeln, ohne dabei persönliche Interessen und Absichten zu verfolgen, damit keine Spuren aus der Handlung an uns haften bleiben? Das geht nur, wenn wir dabei unsere Aufmerksamkeit auf Gott in unserem Inneren gerichtet halten.

Hier zeigt sich wie nützlich, die tägliche Meditationspraxis ist, bei der man sich im Innern mit Gott in seinen diversen manifesten Formen verbindet. Beherrscht man diese Praxis durch regelmäßige Übung und Vertiefung, so kann man diese Verbindung jederzeit untertags in Sekundenschnelle und in allen Situationen „abrufen“ und die Aufmerksamkeit darin verankern.

Wir können aber auch, bevor wir etwas tun, kurz innehalten und uns im Innern Gott zuwenden und dann mit der Einstellung an die Arbeit gehen, dass wir sie in Seinem Auftrag ausführen. Und wenn es darum geht, eine Entscheidung zu treffen, dürfen wir sie nicht dem Urteil des denkenden
Gemüts überlassen, denn das Gemüt ist beschränkt, es kennt sich nur mit irdischen Dingen aus und weiß nicht, was aus spiritueller Sicht das Beste ist. Am ganz sicher zu sein, was im Einzelfall richtig oder falsch ist, sollten wir unsere Entscheidungen Gott überlassen, indem wir uns zuerst im Innern an Gott wenden. Dann ist es an Gott, unser Denken und Handeln zu leiten.

Unser irdisches Leben dient einem höheren Ziel – der Wiedervereinigung mit Gott. Damit wir diesem Ziel stetig näherkommen, dürfen wir nicht zulassen, dass unsere Aufmerksamkeit sich in weltliche Interessen verstrickt und sich an ein bestimmtes Ergebnis unseres Handelns bindet. Beim Handeln müssen wir unsere Wünsche und Vorstellungen aus dem Spiel lassen, denn sobald man seine Handlungen mit persönlichen  Absichten und Erwartungen verknüpft, muss man dafür auch die karmischen Konsequenzen tragen.

Soami Divyanand

Soami Divyanand (1932–2014), Meister des Surat-Shabd-Yoga, lehrte mehr als 35 Jahre lang den spirituellen Pfad des inneren Lichtes und  langs. Veden-Übersetzer und Autor zahlreicher Bücher.

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Foto(s): gettyimages

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