Es war die Hölle, aber am Ende zählt nur die Liebe. Besuche ich Martin im Hospiz, gehe ich zur Begrüßung in die Knie, um unter dem von Metastasen gekrümmten Körper mit seinem Gesicht in Kontakt zu kommen.
Ich wage nicht zu fragen, wie es ihm geht, streichle über seinen Oberarm: Martin, ich bins. Er schaut mich aus trüben Augen an: Schön, dass du da bist.
Martin steht wie ein Gorilla auf seinen Rollator gestützt. Er nimmt genau wahr, was um ihn herum geschieht. Bietet Getränke an und stellt Fragen. Er hat nicht mehr die Kraft, viel zu reden. Nach zehn oder fünfzehn Minuten wechselt er die Position. Setzt sich aufs Bett. Oder schiebt sich mit dem Rollator durch die Gänge des Hospizes und über einige Türschwellen hinweg in den Garten. Steht dort eine Zeitlang über einem Tisch gebeugt. Möchte, dass ich ihm etwas erzähle. Und macht sich wieder auf den Weg.
Ich höre ihn nie jammern. Mit der Morphium-Pumpe hält er seine Schmerzen in Schach. Schlaf¬mittel nimmt er keine mehr, nachdem er eine Nacht lang in einem endlosen Traumgespinst gefan¬gen war.
Christian Stahlhut